Ergebnisse (25.-27.06.2004)
Frankreich-Griechenland 0:1
Schweden-Niederlande 4:5 n.E. (0:0 n.V.)
Tschechien-Dänemark 3:0

Liebe Tippgemeinschaft,

wer gehofft hatte, die Leistungen der französischen Nationalmannschaft in der Vorrunde seien nur in Zusammenhang mit den, abgesehen von England, nicht gerade allzu harten Gegnern zu sehen, die den Titelverteidiger nicht gefordert hatten, der wurde eines Besseren belehrt: Mehr hatten die Froschfresser tatsächlich nicht drauf. Gegen Ottos kampfstarke, aber technisch eher durchschnittliche Truppe verließen sich die Franzen auf den 2-Stationen-Fußball, den wir von ihnen schon in der Vorrunde gesehen hatten: Der Ball wurde technisch versiert hin- und hergeschoben, bis sich Henry mal guenstig platziert hatte, dann ein langer Pass mit der Hoffnung, dass der angeblich beste Stürmer Europas ihn schon irgendwie unterbringt. Mit 2 solcher Aktionen  -  wenn sie denn gelingen  -  kann man gegen jeden Gegner der Welt gewinnen, sofern die Abwehr sich höchstens einmal aushebeln lässt. Ein Rechenexemplel also, Beamtenfußball auf höchster technischer Ebene. Diesmal haben sie sich aber verrechnet, Zidane wurde abgeschirmt und blieb außergewohnlich blass, und Henry verfehlte regelmäßig das Ziel. Wenn eine Mannschaft dann noch eine knappe halbe Stunde vor Schluss durch einen Deckungsfehler in Rückstand gerät, bleibt ihr nur noch ein Mittel: Kämpfen bis zur letzten Sekunde; Druck auf die gegnerische Abwehr aufbauen. Genau dies konnten die Froschfresser nicht. Das Gefühl der eigenen technischen Überlegenheit und die Erfolge der 2 Jahre nach dem Betriebsunfall WM2002 haben jeden Kampfgeist verkümmern lassen. Zwei junge Einwechselspieler wollten den arrivierten Herren in Bleu zeigen, wie es geht, aber die kamen nicht mehr auf Drehzahl. Schluss mit lustig; adieu, Equipe Trikolore!
Otto Rehhakles hat am Freitag abend kein Wunder, aber ein taktisches Meisterstück vollbracht. Die laufwilligen und kampfstarken Ottomannen beschäftigten die Franzen in der ersten Stunde mit gutem Forechecking und ließen sie nur zum Ende des Spiels gefährlich vor das Tor kommen, aber da fehlten dann schon Konzentration und Präzision. Ottos Masterplan ging auf. Wir sind gespannt, was er sich gegen die Tschechen einfallen lässt.

Am Samstag abend gab es dann ein torloses Spiel der besseren Sorte. Die Holländer waren über 120 Minuten sicherlich die offensivere Mannschaft, doch Schweden hatte die Mehrzahl an dicken Chancen. Meist biss sich der holländische Sturm die Zähne an den bärtigen Kerlen in Blaugelb aus, die wiederum gefährlich konterten. Trotz des 0:0 ein niemals langweiliges Spiel, das Ergebnis hätte genauso gut umgekehrt lauten können. Der vorher hoch gelobte Ibrahimsson suchte sich in David "Uli" Beckham leider das falsche Vorbild für das Elfmeterschießen. Schade eigentlich  -  das hätte mir den Anblick eines dauergrinsende Holländers im 2. Stock erspart und 3 Punkte im Tippspiel eingebracht...

Angesichts des inzwischen trostlosen Punktestandes warf ich sämtliche Ambitionen über Bord, mit zusätzlichen Punkten durch einen Tschechensieg noch ein paar Tabellenplätze aufzusteigen. Der Danebrog wurde im Wohnzimmer aufgestellt und der rote DBU-Schal von der WM2002 umgehängt. Leider alles umsonst. In der 1. Halbzeit gab es noch Hoffnung und ein gut organsiertes, offensives Spiel unserer freundlichen nördlichen Nachbarn. Wo waren die so hoch gelobten Tschechen mit ihrem Angriffswirbel? Nichts zu sehen; sie schafften es gerade noch zum Ende der ersten Hälfte, die Dänen einzulullen, so dass man fast vor der Glotze einschlief. Dann kurz nach der Pause das 1:0 durch den Leuchturm aus Lüdenscheid und anschließend zwei wirklich tolle Konter mit sicherem Abschluss  -  schon stand es 3:0 und das Dänenfeuerwerk war abgebrannt. Dem 2:0 ging eines der schönsten Zuspiele dieser EM voraus, ein echter "tödlicher Pass" von Nedved auf Baros, wie aus dem Fußball-Lehrbuch, einfach toll! Mit anscheinend relativ geringem Aufwand schafften die Tschechen schließlich einen sicheren Sieg gegen gewiss nicht schwache Dänen. Hier spielte sich ein Team endgültig zum Topfavoriten des Turniers, denn wir wissen aus der Vorrunde, dass die Leistung noch steigerungsfähig ist.
Ein kurzer Ausblick auf die Halbfinalspiele: Die Ottomannen werden sicherlich viel defensiver agieren als die Dänen. Damit hatten Nedved &Co. schon gegen Lettland Schwierigkeiten. Dennoch ist der Angriff der Tschechen so gut besetzt, dass er schon eine Lücke in der griechischen Mauer finden wird. Tschechien ist klarer Favorit. Weniger vorhersehbar scheint das 2. Halbinale. Reinhold Beckmann wagte die Prognose, dass es "wahrscheinlich mit 50%iger Sicherheit" zum Elfmeterschießen zwischen Portugal und Holland kommen wird. Ich verstehe zwar nicht, was er mir damit sagen will, bin aber sicher, dass eines der beiden Teams das Finale erreichen wird. Das reicht mir.

In unserem Tippspiel sind jetzt viele Träume geplatzt. Immerhin 10 treue Ottomanen hatten auf einen Sieg der Griechen getippt und bleiben damit im Rennen. Niemand tippte alle 4 vier Begegnungen tendenziell richtig; einzig Jochen Dreger schaffte 3 Richtige und scheiterte im Spiel Holland-Schweden nur denkbar knapp. Max Wislander wird letzteres Spiel mit eineinhalb weinenden und einem halben lachenden Auge gesehen haben, denn er kassierte für seine korrekte Einschätzung des Viertelfinaleinzugs der Schweden immerhin 4 Zusatzpunkte. Wer auf Holland und/oder Portugal als Europameister und/oder torstärkste Mannschaft tippte, kann noch Zusatzpunkte machen. Damit wird das Tippspiel noch richtig spannend, denn der führende Christian hat das Ende der Fahnenstange erreicht; er kann aber noch ein- oder sogar überholt werden. In der Punktetabelle sind unter "Max+" die maximal noch erreichbaren Punkte aufgeführt. Dort sehen wir, dass zumindest eine Entscheidung gefallen ist: Paul Schneeberg behält die Rote Laterne. Alternativ zur Flasche Rotkäppchen-Sekt biete ich auch Kirschlollis, Erdbeereis oder Tritop "Himbeer" als Sachpreis an.

Heute abend werden wir vergeblich die Glotze einschalten: Der Ball rollt nur auf den Trainingsplätzen. Das ist vielleicht der geeignete Zeitpunkt, sich um andere Sachen zu kümmern: Die Stapel von Pizzaschachteln wegräumen, Bierflaschenpfand kassieren, Erdnussdosen entsorgen, Chipsreste aufsaugen usw. Auch soziale Kontakte können wiederbelebt werden: Wer war noch dieser freundliche Mensch, der einem abends aus dem Hintergrund eine Gute Nacht wünschte? Und wem gehören diese plärrenden Gören auf dem Flur? Nutzt die Spielpause, am Mittwoch geht es weiter.

Eusebio!
Robert